Es ist eine durchaus bemerkenswerte Entwicklung, dass sich die Menschen-Gemeinde deutlich mehr über die sogenannten "Klimakleber" echauffiert, als über einen Verkehrsminister, der darum gebettelt hatte, von seinen Klima-Aufgaben entbunden zu werden und dies nun, quasi per Generaldekret, auch serviert bekam.
Just heute beklagt Wissing, die "Letzte Generation" habe nie das Gespräch mit ihm gesucht. Keiner der jungen Leute sei auf ihn zugekommen, keiner sei zu Kompromissen bereit.
Nun stelle ich mir die Frage, warum man mit einem Mann, dessen Standpunkt klar, nachweislich und überdeutlich ist, das Gespräch suchen sollte? Warum sollte die "Letzte Generation" mit einem Verkehrsminister sprechen wollen, der mehr als deutlich gemacht hat, wo seine Präferenzen liegen? Der nun, sogar von Bundeskanzler Scholz persönlich, das OK bekam, die Klimaziele, die einst für den Verkehrssektor gesteckt wurden, einfach bei Seite wischen zu dürfen?
Erstaunlich ist, dass die Ankündigung der "Letzten Generation", in den nächsten Tagen viele Straßen in Berlin blockieren zu wollen, bei den Menschen für derart lautstarken Unwillen sorgt, dass man meinen könnte, diese Organisation sei für das ganze Klimachaos eigenverantwortlich. Überraschung: Ist sie nicht! Die "Letzte Generation" ist nichts weiter als ein Symptom unserer Zeit, ein Symptom einer Entwicklung, nicht ihre Ursache!
Es ist bemerkenswert wie offensichtlich wir uns in eine Richtung entwickeln, in der offenbar kein Konsens über wissenschaftliche Erkenntnisse zu herrschen scheint. Es ist erschreckend, wie Zweifler, Verschwörungstheoretiker, wie z.B. Trump (um nur einen Politiker zu nennen), wissenschaftliche Erkenntnisse dem "gesunden Menschenverstand" gleichstellen. Für mich grenzt dies an eine Art Gegenaufklärung (a la die Erde ist doch eine Scheibe), es scheint eine Flucht aus der Realität zu sein, die zwar gut für das eigene Seelenheil ist, womöglich aber in einigen Generationen in die Katastrophe führt.
Würde man die wissenschaftlichen Erkenntnisse zum Klimawandel wirklich ernst nehmen, würde man radikal und sofort gegensteuern. Stattdessen flüchten sich immer mehr Menschen in die Abstrafung und Verteufelung von Organisationen, die eigentlich "nur" den Job von uns allen machen: darauf hinweisen, dass wir NICHT GENUG unternehmen, um die Katastrophe von unseren Kindern und Kindeskindern abzuwenden.
Richtig interessant wird es dann, wenn ich, wie heute, in der Timeline einer Augsburger Zeitung lese, die "Letzte Generation" würde Arbeitsplätze von "normalen, malochenden Leuten" gefährden. Weil, ja weil man mit dem Auto nicht zu seinem Arbeitsplatz komme. Ich arbeite in Augsburg. Meines Wissens hat sich bei uns noch niemand an die Straße geklebt. Warum also regen sich Augsburger so sehr über Aktionen in Berlin auf? Sie sind nicht einmal betroffen! Warum regen sich eben jene nicht über einen Verkehrsminister auf, für den nun keine Klimaziele mehr gelten - weil er einfach nicht mag! Weil er bereits jetzt seinen künftigen Job bei Porsche klar macht. Warum ist dies keinen Shitstorm wert?
Weil, ja weil der einfache Weg einfach jener ist, den Boten zu töten...
Vor einigen Jahren echauffierten sich Viele über "Fridays for Future". Zunächst ging es nur darum, dass die Kids doch bitte zur Schule gehen sollten, statt zu protestieren. Als "FFF" die Demos dann auf Freitag Nachmittag, also auf unterrichtsfreie Zeit legte, ging es den Schreihälsen plötzlich darum, dass die Kids doch keine Ahnung hätten, erst einmal "was leisten" sollten. Nun, bei der "Letzten Generation", läuft genauso ab - wie abgedroschen.
Die Geschichte wiederholt sich. Und wir wundern uns, dass die Klimaproteste an "Schärfe" zulegen? Friedlich demonstrieren brachte genau was? Nichts! Auf die Straße kleben hat zumindest eins erreicht: die Klimakatastrophe ist endlich wieder Thema! Zumindest das. Offenbar ist ein von Studenten verursachter Stau in Berlin deutlich berichtenswerter als die Klimakrise selbst und was wir dagegen NICHT tun. Das sagt mehr über die Menschheit aus, als ihr lieb sein dürfte...